Sinnvolle Sortenvielfalt
Unser Team betreut auch die oberösterreichische Obstgenbank Ritzelhof (bei Ansfelden). Das Besondere an der Zusammenstellung der Sorten am Ritzlhof: Der Schwerpunkt liegt hier auf regionaltypischem Wirtschaftsobst – in erster Linie zur Most- bzw. Saftgewinnung. Es handelt sich dabei um Sorten, die mit den spezifischen lokalen Bedingungen sehr gut zu recht kommen.
Zur Erklärung: Zwar werden Sorten vegetativ vermehrt – im Grunde handelt es sich also um Klone –, aber es kommt immer auch zu Umweltanpassungen. Man spricht dann von so genannten Sortenschlägen, also einer Genetik, die an einen spezifischen Standort – in diesem Fall den Raum Oberösterreich – ideal angepasst ist. Sortenschläge können nur über regionale Pflanzenvermehrung erhalten werden.
Biodiversität – und dazu zählt unbedingt auch die Vielfalt unserer Kultursorten – ist kein Selbstzweck, sondern eine ungemein wertvolle Versicherung
Gerade jetzt, in Zeiten massiver klimatischer Veränderungen, ist es wichtig, eine möglichst große, an den Standort angepasste Sortenvielfalt bzw. Genetik in Reserve zu haben.
Weil sich in den letzten 70 Jahren kaum jemand für ihren Erhalt eingesetzt hat, verschwinden viele alte Sorten und noch schneller die regionaltypischen Sortenschläge.
Es ist ungemein wichtig, zu retten, was noch zu retten ist. Nicht aus nostalgisch-sentimentalen Gründen, sondern weil sie eine wertvolle Versicherung darstellen – insbesondere angesichts der so rasanten, risikobehafteten klimatischen Veränderungen, deren Zeugen wir sind.
Wir brauchen die alten Sorten als Genreserve, auf die wir im Fall des Falles wieder zurückgreifen können – zum Beispiel, weil sie sich als besonders widerstandsfähig gegenüber äußeren Einflüssen wie Krankheiten, Trockenheit oder Wind zeigt. Erhalten wir ihre Genetik nicht, wird sie uns dereinst vielleicht schmerzlich fehlen. Kultursorten, die nicht erhalten und vermehrt werden, verschwinden binnen weniger Jahrzehnte – „zurückholen“, lassen sie sich nicht.
Leider produzieren heute nur wenige Baumschulen Obstbäume noch selbst, und wenn doch, meist nur wenige, gängige neue Sorten. Will man mit robusten, alten Sorten arbeiten, sollte man sich Kenntnisse in der Baumveredelung erwerben – am besten im Rahmen eines unserer Kurse.
Das lohnt sich schnell, denn wer veredeln kann, kann sich selbst äußerst günstige, regional angepasste Obstbäume machen. Das nötige genetische Material – Edelreiser – bekommt man auf Nachfrage und bei rechtzeitiger Voranmeldung von uns. Und das sogar kostenlos.
Ziele der Obstgenbank Ritzelhof
- Erhaltung von seltenen (im Bestand gefährdeten) Sorten bzw. Sortenschlägen und damit nachhaltige Sicherstellung des breit gestreuten genetischen Reservoirs
- Erhaltung von Obstsorten mit wertvollen Eigenschaften (spezifische Verwendung/Verarbeitung, Gesundheit, Robustheit, Geschmack)
- Erhaltung von Obstsorten, die bald verschwinden würden, weil ihr wirtschaftlicher Wert derzeit nicht im Vordergrund steht
- Abgabe von Edelreisern von Obstsorten, die von Baumschulen nicht (mehr) angeboten werden (können)
- Schulungsort für Kultur- und Naturvermittlung (Baumpflege & -schnitt, Ernte, Verkostungen, Ökologie etc.)